Bellen - #Trick 17: Grosszügigkeit zahlt sich aus
Bellen- ein Kommunikationssystem mit individueller Note
Kein Verhalten kann so nervig sein und den Hundehalter an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen, wie das Bellverhalten der Haushunde. Warum bellen Hunde überhaupt und was kann man tun? Hier ein paar Tipps:
Hysterisches Gekläffe bei jedem Geräusch im Treppenhaus oder Bellen am Zaun. Es nervt die Nachbarschaft und setzt den Hundehalter massiv unter Druck. Warum tun Hunde das? Und was lässt sich dagegen tun?
Warum bellen Hunde?
Während bei dem nahen Verwandten, dem Wolf, nur Welpen und sehr junge Tiere bellen, kommentieren viele erwachsene Haushunde mit Begeisterung jedes Geräusch ihrer Umgebung und bringen die Hundehalter damit oft bis zur Verzweiflung.
Einige Hunderassen wurde über Jahrtausende sogar gezielt auf die akustische Lautäusserung hin gezüchtet, da man sich dieses Verhalten zu Nutze machte. Gewisse Jagdhunderassen zeigen durch ihr sogenanntes „Geläut“ den Standort des Wildes an (z.B. Beagle) und Spitz und Hovawart fungieren als Klingelhunde, um zu informieren, dass sich jemand Haus und Hof nähert, um nur ein paar Beispiel zu nennen.
Menschen scheinen ganz besonders begabt darin zu sein das Bellen und seine Bedeutung zu verstehen. Und dafür muss der Mensch nicht einmal ein erfahrener Hundehalter sein.
In einer Studie von 2005 spielte ein Forscherteam um A. Miklósi, und Peter Pongràz Menschen verschiedene Bellformen vor. Alle menschlichen Zuhörer waren in der Lage die Belllaute korrekt zu decodieren und den verschiedenen vom Versuchsleiter vorgegebenen Kontextkategorien zuzuordnen. Menschen beurteilten auch den emotionalen Kontext des Bellens richtig (Pongràz, 2005)
Diese Studie erklärt den erstaunlichen Umstand, dass Hunde, die mit Menschen zusammenleben offensichtlich wesentlich mehr bellen, als Hunde die selbstständig ohne den Sozialpartner Mensch unterwegs sind.
Bellen scheint beim Hundehalter eine Änderung in seinem Verhalten zu bewirken. Es ist also verständlich, dass Hunde oft hartnäckig weiterbellen, bis die „gewünschte Reaktion“ erreicht worden ist.
„Warum bellt der jetzt?“, werde ich oft von Hundehaltern gefragt.
Warum bellt ein Hund im Training? Warum bellen Hunde, wenn es an der Haustüre klingelt? Warum bellen sie Fremde am Zaun an, warum bellen manche Hunde, wenn es Futter gibt oder wenn Menschen sich umarmen?
Es lohnt sich, ein wenig „wissenschaftlich“ an die hundlichen Lautäusserungen heranzugehen.
Bellen ist nicht gleich bellen. Wenn man sich die Mühe macht und dieses akustische Phänomen in Ruhe anhört, dann kann man schnell sehr unterschiedliche Bellformen heraushören.
Es gibt viele unterschiedliche Gründe, warum ein Hund bellt und jedes Mal klingt es anders.
Die häufigsten sind:
- Stress und Überforderung
- Angst und Unsicherheit
- Die soziale Gruppe (Familie) warnen
- Freudige Erregung
- Erlerntes Bellen (es wurde bewusst oder unbewusst verstärkt)
- Trennungsangst
- Jagdverhalten u.v.m.
Für jede dieser Situationen ist die Motivation zu bellen eine andere und es klingt anders.
Um Bellen verhindern oder stoppen zu können, wird man im Training differenziert damit umgehen müssen.
Erste Hilfe
Management ist die erste Wahl, um Bellen nicht entstehen zu lassen. Bellen kann sehr selbstbelohnend sein und die jeweiligen Verstärker, die das Bellverhalten des Hundes weiterhin stabil halten, können schlecht oder gar nicht kontrolliert werden.
Bellen gar nicht erst entstehen zu lassen ist daher das Mittel der Wahl. Das geht am besten mit einem guten Management.
- Stress und Überforderung nicht entstehen lassen. Schütze deinen Hund! Stelle Distanz zu allen Auslösern her, die dein Hund nicht bewältigen kann. Trainiere nur kurz und gut, verlange nicht zu viel von deinem Hund
- Freudige Erregung ist etwas Tolles, jedoch muss ich manche Hunde vor sich selber schützen. Ein Hund, der bellt, kann nicht denken. Unterlasse Spiele,
- die den Hund zu sehr erregen. Stärke die Eigenwahrnehmung deines Hundes und setze ihn nicht unkontrollierbaren Situationen aus.
- Angst und Unsicherheit, schütze deinen Hund vor allen Situationen, die er nicht bewältigen kann. Stelle Distanz zu allen Auslösern her und trainiere unterhalb der Reizschwelle an diesen Auslösern (z.B. Click für Blick)
- Erlerntes Bellen wird von den Menschen bewusst oder unbewusst verstärkt. Menschen reagieren sehr empfindlich auf den Lärm, den ein Bellender Hund verursacht. Bellen, als Kommunikationsform wird dadurch von Hunden bewusst eingesetzt und verfehlen selten ihr Ziel. Aufmerksamkeit ist ein nicht zu unterschätzender Verstärker. Ein Zeichen für erlerntes Bellen, das durch Aufmerksamkeit stabil gehalten wird, ist die Pause zwischen den Bellern. (Wuff-Wuff-Pause- Wuff-Wuff-Pause)
- Unbewusst wird das Bellen auch verstärkt, wenn der Hund genau das bekommt, was er erreichen wollte. Ein gutes Beispiel ist das Bellen am Zaun: Hund bellt am Zaun Passanten an und will diese von seiner Grundstückgrenze verjagen (Motivation). Die Passanten gehen schnell am Zaun vorbei und verschwinden aus dem Sichtfeld des Hundes (Konsequenz auf das Bellen). Der Verstärker dafür, dass „Menschen am Zaun verbellen“ nicht aufhört, ist dass die vorbeigehenden Passanten verschwinden. Um hier das Bellen abzutrainieren, müsste der Passant stehen bleiben und erst weitergehen, sobald der Hund ruhig wäre.
- Trennungsangst: Besorge dir einen Hundesitter. Trennungsangst muss sorgfältig trainiert werden
- Jagdverhalten: Schleppleine an den Hund, um tatsächliches Jagdverhalten zu verhindern. Jagdverhalten muss sorgfältig trainiert werden
#Trick 17- Sei grosszügig!
Gegenkonditionierung: ein sehr schnelles und wirksames Mittel, um viele Situationen im Alltag zu entschärfen. Dabei wird der bisherige Auslösereiz mit Futter verknüpft und bekommt dadurch eine neue Bedeutung.
Essen macht glücklich, nicht nur die meisten Menschen. Futter ist ein Grundbedürfnis, alle Hunde müssen essen. Gleichzeitig kann eine Futtersuche den Hund beruhigen. Beim Schnüffeln senkt der Hund seinen Kopf, was die Nackenmuskulatur und den ganzen Hund entspannt.
# Trick 17 -Sei grosszügig!
Wir haben in unserem Haus eine Ferienwohnung. Dadurch laufen immer wieder fremde Menschen durch unser Treppenhaus, was von unseren Hunden gerne lautstark kommentiert wird.
Mich nervt die hysterische Kläfferei und ich empfinde es auch den Mietern gegenüber als unangenehm.
Nun bin ich dazu übergegangen, bei jedem kleinsten Geräusch jedem Hund einen Keks zu geben. Ich gebe damit den Auslösereizen eine neue Bedeutung.
Das Geräusch, welches bisher ausgelöst hat, bellend die Gruppe zu informieren, dass sich Unbekannte im Treppenhaus bewegen, das Geräusch bekommt nun die Bedeutung: „Lauf schnell und hol dir deinen Keks ab“.
Dadurch hat sich in der Hundegruppe viel verändert. Neuerdings zeigen mir meine Hunde an, dass jemand durch Haus geht, indem sie mich auffordernd anschauen und sich vor mich hinsetzen. Was ich natürlich hocherfreut belohne.
Alle Verhaltensweisen, die mit Angst und Unsicherheit zu tun haben, werden sich bessern, wenn man an den Auslösern trainiert.
Click für Blick ist hier eine wirkungsvolle Methode.
Freudige Erregung wollen wir nicht unterdrücken. Aber wir können Aufregung, Ruhe und Entspannung im Wechsel üben.
Nerven lassen sich trainieren wie Muskeln.
Abbruchsignal, die Umleitung für den Hund
Abbruchsignale haben eine schlechte Vergangenheit ☹ Es wurde früher vor allem über Strafe trainiert. Es wurde körperlich gemassregelt, bedroht und Schlimmeres. Die Zeiten sind zum Glück vorbei.
Heute kann man Abbruchsignal positiv trainieren. Dabei werden Signale aufgebaut, die zuverlässig das gerade gezeigte Verhalten beenden und ein Verhalten einleiten, dass mit dem unerwünschten nicht vereinbar ist. Ein Hund, der in der Küche Futter sucht, kann nicht gleichzeitig am Zaun bellen. Und schon ist das Problem gelöst. Die Umleitung für den Hund. Dadurch bekommt man den Hund „aus der Situation“ und das Bellen wird nicht weiter als Strategie geübt.
Vor einigen Jahren habe ich ein Haus bezogen, wo der Garten direkt an einer Bushaltestelle lag. Nachmittags, wenn die Leute von der Arbeit kamen und von der Bushaltestelle aus nach Hause gingen, mussten sie an unserem Garten vorbei.
Meine drei Hunde damals, fanden das ein cooles Spiel. Sie verfolgten die Menschen laut kläffend am Zaun entlang durch die gesamte Länge des Gartens und brachten sich sofort in Stellung, um die nächste Busladung in Empfang zu nehmen. So ging das zwischen 16 und 18 Uhr munter im 15 min Takt.
Damals hatte ich noch nicht viel Erfahrung mit positivem Training und war ratlos. Eine erfahrene Trainerin gab mir den Rat ein Signal aufzubauen, welches ich als Abbruchsignal einsetzen konnte. Das Resultat war echt verblüffend. Nachdem ich 2 Tage das „Bingo“ geübt hatte, habe ich es am dritten Tag nachmittags vorsichtig „eingesetzt“, als die Schreierei am Zaun begann.
Unglaublich! Einmal „Bingo“ gerufen und die ganze pelzige Mannschaft stand mit glänzenden Augen erwartungsvoll in der Küche.
Überglücklich konnte ich nun jedes Gebell am Zaun beenden. Ein paar Tage später wurde ich wieder von meinen drei Schönen freudig überrascht. Nach 2-maligem „Wuff“ am Zaun, drehten alle Hunde um, marschierten ins Haus und setzten sich mit bedeutungsvollen Blicken vor mich. „Du hast „Bingo“ vergessen“, schienen sie mir sagen zu wollen.
Klar, war ich ein braves Frauchen und habe sofort eine Handvoll Kekse geliefert.
„Aber, belohnt man damit nicht das Bellen?“
Diese Frage wird regelmässig gestellt. Nein, tut man nicht. Nur wenn der Hund gezielt bellt, um Futter zu bekommen, dann würde man mit Futter das Bellen verstärken.
Womit wir wieder bei der Motivation für ein Verhalten sind. Der Hundehalter muss sich schon ein wenig überlegen, warum der Hund nun gerade bellt.
Versuche jede Situation im Vorfeld zu vermeiden, in welcher dein Hund unkontrolliert bellen kann. Er wird es sonst immer weiter üben (selbstbelohnend) |
- Einmal ist ein Versuch - zweimal ist eine Erfahrung - dreimal ist eine Strategie -
Bingo- die Umleitung für den Hund
Hier findest du die Trainingsanleitung als PDF zum Download